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„BARSCHEL RELOADED...”
BERND KÖHLER MIT EINEM TEXT ZUR BARSCHEL-AFFAIRE (1989)

Aus der LIVE-CD: SCHLAUCH LIVE - DAS HARTMANNSTRASSENKONZERT 1989 - KreativTon (Rüdiger Bischoff)
Im Vertrieb von JumpUp-Records Bremen / JUP-00011 (Foto: Claudia Schäfer)

 

DRECK
Ein Text von Bernd Köhler

 

... Vor zwei Jahren hatte der Kanzler dieser Republik eine gute Idee. Es war der Sonderparteitag zur Bewältigung der Barschel-Affäre, als der Kanzler an der richtigen Stelle die richtigen Worte fand: „Welch schauerlich Geheimnis, mein Gott – mein Gott, welch tiefe uferlose Fülle. Und das ist die Seele, die Seele, das bin ich, ich selbst. Was also bin ich, mein Gott?” Der Kanzler dieser Republik. Live im Fernsehen. Ihr habt’s natürlich verpasst. Ich hab’s mitgeschrieben: An der tiefsten Stelle seiner Rede zur Bewältigung der Barschel-Affäre, ein Zitat aus dem heiligen Augustinus.

Was versteht ihr, Freunde? Nichts?
Das ist nicht weiter schlimm.
Versteht ihr doch ansonsten auch nichts!

Nichts als nichts.
Vom Leben nichts, von der Arbeit nichts, von der Schule nichts,
vom Schreiben nichts, vom Reden nichts.

Nichts, nichts, als dummes Zeug redet ihr daher!
Man muss euch alles erklären. Tag für Tag.

Rezepte, Mixturen, Torturen
für Geist und Seele und Leib.
Ihr seid unübertrefflich
im Glotzen und Hinhören!

Das Maul weit offen, die Augen
wie glitzernde Weihnachtskugeln
sammelt ihr euer dünnes Rinnsal
Läben.

Ha, Ahund wollt dann mitreden, mitdiskutieren,
Halbwahrheiten hineinverkünden.
Besserwisser, Großredner – ein Dreck seid ihr.

Im Leben Dreck, bei der Arbeit Dreck,
beim Kaufen, Lieben, sich Anziehen, Ausziehen
DRECK – Geldesel, Mistkäfer.

Ha, dass ich nicht lach'. Ja, da wankt der Boden.
Unsicherheiten. Ja. Ganze schöne warme Badewannen
voll Unsicherheiten. Voll im Anzug.
Ha, dass ich nicht lach'. Der heiliger Augustinus:
„Welch schauerlich Geheimnis, mein Gott.
Mein Gott, welch tiefe uferlose Fülle.
Und das ist die Seele, die Seele,
das bin ich, ich selbst,
was also bin ich, mein Gott?”

Ganze Badewannen bis zum Rand. Uferlos.
Tipp, tapp. Der Reporter,
tipp, tapp und zisch, zisch, schnipp.
Der Tod auf leisen Rädern.
Tipp, tapp, bunt, Doppelseite, Großformat.

Wir hahahaben uns die Frahahage gestellt:
Dürfen wir das oder können wir das nicht
vor unserem Geldbeutel verantworten?
Dieses Geschäft aller Geschäfte,
so ein winziges kleines Negativ?

Ha! Die Welt steht Kopf –
welch schauerlich Geheimnis.
Ja. Nein. NEIN, JA. JA, JAA, JAAAAAA!

Da nehmt’s und fresst’s,
denn ich bin der Herr und sage euch:
Dies ist mein Leib, esset –
und dies ist mein Blut, trinket,
auf dass ihr verdammt seid
in Ewigkeit,

Amen.

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bk 1989

 

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