PRESSEERKLÄRUNG DER INITIATIVE „LIEDER DER DEUTSCHEN ARBEITERBEWEGUNG”

Lieder der deutschen Arbeiterbewegung sind immaterielles Kulturerbe

Das Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung“ gehört zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands. Dem Vertreter einer entsprechenden Initiativgruppe, die sich im Rahmen eines Kulturarbeitskreises der IG Metall gebildet und einen Antrag auf Anerkennung als Kulturerbe eingereicht hatte, wurde nun in Berlin die offizielle Urkunde dazu überreicht. An der Veranstaltung am Montag, 16. März, nahmen neben Dr. Joachim Hetscher auch Ferdije Rrecaj und Michael Bexen vom IG Metall Bildungszentrum Beverungen teil.

Zum immateriellen Kulturerbe gehören solche Kulturformen, die dadurch erhalten bleiben, dass sie fortlaufend praktiziert und weiterentwickelt werden. Anerkannt wurden z.B. auch die Passionsspiele Oberammergau und der rheinische Karneval. Die Entscheidung, die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung dazu zu zählen, geht auf das Urteil eines Expertenkomitees der Deutschen UNESCO-Kommission zurück. Diese begründete ihre Empfehlung so:

Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung sind seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart im Rahmen von Aktionen und Organisationen der Arbeiterbewegung und ihr nahestehender Bewegungen entstanden und gesungen worden. Sie sind Ausdruck einerseits von Benachteiligung und Unterdrückung lohnabhängiger Beschäftigter, andererseits aber auch von ihrer Gegenwehr, ihrem Kampfeswillen und ihrer Zukunftsgewissheit. In den Liedern werden auch Satire, Spott oder Trauer ausgedrückt. Die Lieder weisen häufig einen positiven Bezug zur grenzüberschreitenden Solidarität und zum Streben nach Frieden zwischen den Völkern auf. Viele der Lieder sind Übersetzungen aus anderen Sprachen oder wurden in andere Sprachen übersetzt, vor allem gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Internationale“ oder Bella Ciao“ sind Beispiele für bekannte Adaptionen. So wurden sie von Beginn an in einen internationalen, zunächst vor allem europäischen, Zusammenhang eingebunden. Die Lieder der Arbeiterbewegung stehen und standen in engem Zusammenhang mit anderen Kunstformen. Mit der musikalisch innovativen Aufnahme und Weiterentwicklung der Arbeiterlieder durch Kurt Weill, Hanns Eisler und Bertolt Brecht erreichten sie im deutschen Kulturraum eine hohe künstlerische Entwicklungsstufe, die international besondere Anerkennung erfahren hat. Zudem wurden die Arbeiterlieder in den zwanziger und den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Chanson verbunden.

Das Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung bietet ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Volkskultur in Deutschland immer wieder aus fortschrittlichen und demokratischen Ansätzen heraus neu gestaltet und interpretiert wurde. Sie sind über weite Strecken der deutschen Geschichte verboten und unterdrückt worden und konnten nur unter schweren Bedingungen aufgeführt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Lieder der Arbeiterbewegung in Deutschland zunächst wiederentdeckt und wieder erlernt werden. Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung zeigen auch heute noch eine große Lebendigkeit, die, von den Medien weitgehend unbeachtet, etwa in der Neuentstehung von Liedern im Kontext von Streiks oder Auseinandersetzungen um Werksschließungen zum Ausdruck kommt. Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung haben auch eine wesentliche Rolle für die Entwicklung der populären Chorbewegung gespielt.“

Die Initiativgruppe „Lieder der deutschen Arbeiterbewegung” plant für die Zukunft unter anderem eine Website zur Dokumentation und Verbreitung dieser Lieder und Seminare für Solokünstler, Bands und alle Interessierten zu diesem Thema.


Dr. Joachim Hetscher nimmt für die Initiative „Lieder der deutschen Arbeiterbewegung” die Urkunde entgegen – links Kulturstaatsministerin Monika Grütters, rechts Brunhild Kurth (Präsidentin der Kultusministerkonferenz) – ja, ja, Sachen gibt's die gibt's gar nicht ...

 

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